10.06.2021 Download als PDF

Erfolg neu definieren – Stärken im Fokus

Wann kommen virtuelle Teams an ihre Grenzen?

Von Patrick K. Magyar

Virtuelle Teams bringen viele Vorteile mit sich. Sie sind schnell, agil und bringen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen über weite Distanzen hinweg zusammen. Und doch fehlt virtuellen Teams oft dieses ganz spezielle Gefühl, das es für überragende Leistungen braucht, das Wir-Gefühl.

Mit Wir-Gefühl zu grossem Erfolg

Waren Sie schon einmal in einer Gruppe am Werk, in der ein ganz spezielles Gefühl entstanden ist? Ein Gefühl, dass alle am gleichen Strick ziehen, das gleiche Ziel haben? Dass jedes Teammitglied die anderen versteht? Dass eine wirklich gute Stimmung herrscht? Ich nenne dies das „Wir-Gefühl“. Es macht häufig den kleinen Unterschied zwischen sehr guten und überragenden Teams, zwischen einfachem Gelingen und riesigem Erfolg. Ich hatte das grosse Privileg, in einigen solcher Teams zu sein, viele gar zu führen. Bei Weltklasse Zürich etwa, der Leichtathletik-EM Zürich 2014 oder beim Team Alinghi herrschte ein solches Wir-Gefühl. Eine Erfahrung fehlt mir jedoch, weshalb ich mich auch mit der Frage auseinandergesetzt habe: Ich war noch nie Teil eines (rein) virtuellen Teams mit Wir-Gefühl.

Vertrauen: DIE Basis für ein Wir-Gefühl

Das Wir-Gefühl beruht auf einer der kraftvollsten menschlichen Emotionen, dem Vertrauen. Wenn Menschen einander vertrauen, sind sie eher bereit, die Meinungen anderer einzubeziehen, andere Sichtweisen anzuerkennen und sich für den Erfolg des Teams unterzuordnen. Vertrauen ist DIE Basis für ein Wir-Gefühl und für Erfolg im Team. Doch wie schafft man Vertrauen?

Fokus auf die eigenen und die Stärken der anderer

Der erste Schritt ist stets der Prozess des „sich selbst Erkennens“. Er ist nicht immer einfach. Denn vieles in unserem Denken und Handeln geschieht unbewusst und ist schwer greifbar. Im zweiten Schritt setzt man sich mit den anderen Teammitgliedern auseinander. Konzentrieren sollte man sich bei beiden Schritten zunächst nur auf positive Persönlichkeitsmerkmale, also auf Stärken. Denn der Weg zum Erfolg im Team führt über individuelle und gemeinsame Stärken und nicht über die Diskussion um Schwächen. Diese führt fast immer zu Abwehrhaltungen und negativen Gefühlen.

Vertrauen durch gemeinsame Erfahrungen

Als nächstes benötigt Vertrauen ein Erfahrungsfeld, in dem authentisches Verhalten beobachtet und beurteilt werden kann. Dabei spielen unbewusste Prozesse wie körperliche Wahrnehmungen, zum Beispiel ein Händedruck oder eine Umarmung zum Dank, eine grosse Rolle. Teammitgliedern inhaltlich, also in Bezug auf Wissen und Erfahrung zu vertrauen, geschieht oft bewusst und rational begründet. Der Beziehungsaspekt des Vertrauens ist viel unbewusster und daher schwieriger zu steuern. So wächst zum Beispiel das Vertrauen, dass niemand den Erfolg des ganzen Teams für sich allein beanspruchen wird, nur unbewusst und über die Zeit. Genau diese Art gemeinsamer Erfahrungen lassen sich im eingeschränkten Blickfeld einer Webcam nur sehr viel schwerer und über noch längere Zeit aufbauen.

Ein Impuls kann genügen

Rein virtuelle Teams nenne ich solche, die sich ausschliesslich virtuell getroffen haben und nie die Chance hatten, sich von Angesicht zu Angesicht miteinander zu befassen. Solche Teams sind grossartig, wenn es um raschen Wissensaustausch oder um einfache Umsetzungsaufgaben geht. Ob sie mit der Zeit ein Wir-Gefühl entwickeln können, weiss ich aus eigener Erfahrung nicht. Ich habe aber erlebt, dass bereits ein einziges physisches Treffen genügend Impulse setzt, um ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Mit der nötigen Konzentration dieses Treffens auf den Beziehungsaspekt des Vertrauens lässt sich so auch in virtuellen Teams mit überschaubarem Aufwand eine Basis für ein Wir-Gefühl schaffen.


Sie fanden diesen Beitrag spannend? Jetzt Newsletter abonnieren und keinen Beitrag verpassen!

Unveröffentlichtes Formular
Autor Patrick K. Magyar

Ein Selbstporträt des Autors Patrick K. Magyar
Durch ihre Selbstporträts bieten unsere Autoren einen Einblick in ihre Denkart und Lebenserfahrungen. Dies wird Sie bei der Einordnung ihrer Beiträge und Ansichten unterstützen: